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Die Florstädter Pfarrer und Pfarrerinnen - Vorreformatorische Zeit bis 1810

Nieder-Florstadt war schon vor der Reformation Pfarrort.

Der Kirchsprengel von Nieder-Florstadt wurde bereits um 767 gegründet und besaß einen, dem heiligen Michael geweihten, Altar.

Zur Pfarrei gehörte Ober-Florstadt als Filiale mit der Laurentiuskapelle.

Die Pfarrer von Nieder-Florstadt waren auch gleichzeitig die Pfarrer von Ober-Florstadt.

Die Kollatur (das Recht, ein kirchliches Amt zu verleihen) der Pfarrei Nieder-Florstadt stand schon in vorreformatorischer Zeit der Propstei Neuenberg in Fulda zu.

Am 22. Februar 1776 erwarben die Junker von Löw zu Steinfurth von dem Domdechanten und Propst zu Fulda durch den Kauf des in Nieder-Florstadt gelegenen freien Gutes, des „Münchhof“ (auch Mönchhof oder Herrenhof genannt), das „jus patronatus zu Ober- und Unter-Florstadt“, d.h. alle Rechte und Pflichten des Schutzherrn der Kirche (z.B. das Recht, einen Vorschlag für die Besetzung der Pfarrstelle zu machen oder die Pflicht, einen Anteil an der kirchlichen Baulast zu tragen). Das Kirchenpatronat wurde 1985 abgelöst.

Aus vorreformatorischer Zeit sind, nach dem Weisthum von Florstadt von 1416, folgende Pfarrer bekannt:

 

Tiderichen, Pfarrer zu Flanstad 1238

Sigefrido, Vikar zu Flanstad 1238

Seit der Reformation wirkten als Pfarrer in Nieder- und Ober Florstadt:

 

1. Heinrich Stadern, bis 1575 (verstorben), Pfarrer in Nieder-Florstadt.

 

2. Heinrich Keltzius von Echzell, Sohn des Einwohners Heinrich Keltz, immatrikuliert in Marburg 1562, 1575 - 1595 (verst.) Pfarrer in Nieder-Florstadt.

 

3. Friedrich Koburger (Coburger) von Lauterbach. Seit 1595 und noch 1633 Pfarrer in Nieder-Florstadt. Bruder des Schlitzer Pfarrers Johannes Koburger, immatrikuliert in Marburg 1588. Er wird in einer Urkunde erwähnt, wonach er 1603 das Pfarrland in der Ober- und Nieder-Florstädter Gemarkung neu vermessen und steinen ließ. Während des Dreißigjährigen Krieges suchte der Pfarrer Koburger mit seinem Weib, Sohn, Dienstmagd und 2 Ochsen Zuflucht und Schutz in der Fluchtburg Friedberg, ebenso Peter Breitenbach aus Nieder-Florstadt mit Weib und 3 Kindern, 2 Ochsen und 5 Laib Brot.

1634 bis 1637, hier ist während des Dreißigjährigen Krieges die Besetzung der Pfarrstelle von Nieder-Florstadt nicht bekannt.

 

4. Antonius Lansius von Bönstadt, um 1638 bis 1643 Pfarrer in Nieder-Florstadt. Immatrikuliert in Marburg 1629.

 

5. Heinrich Stier von Grünberg, 1643 - 1645. Immatrikuliert in Marburg 1633, bis 1638 Schulmeister in Battenberg, 1638 - 1643 Pfarrer in Bottendorf, 1643 - 1645 Pfarrer in Nieder-Florstadt. Er wurde, obwohl er protestantischer Pfarrer war, nach der fuldischen Urkunde vom 4. Oktober 1642 noch durch den Propst des Andreasberg-Klosters zu Fulda in sein Amt eingesetzt.

 

Wie bereits erwähnt, stand zu dieser Zeit die Kollatur der Pfarrei Nieder-Florstadt der Propstei in Fulda zu.

Ein Leihbrief aus 1644 (Pfarrakten Nieder-Florstadt):

Ich Heinrich Stier Pfarrer zu Ober undt Nieder Flohrstadt verleihe in Kraft einer Landsiedeley eine hub landt zehntfrey in der Pfarr zu Nieder Flohstadt gehörig den Ehrsamen Männern Micheln Reppen, Henrich Hinstelln, Ebert Kölern, Henrich Schaubachn, Johann Braun undt ihren Erben folgendermassen:

Diese hub landt sollen bemelte Beständer inhaben, nützen undt gebrauchen als ihr eigene güter, auch in reinem undt feinem Bau und beßerung halten, nichts davon Versetzen, Verschreiben, Verpfenden noch auch das geringste nos derselben (ohne Vorwissen ihres Lehensherren) Vereußern, desgleichen sollen sie von besagter Hub landt dem Pfarrer dan selbst jährlich sechs achtel Korn, gut dürr reiner frucht, Kaufmannsgut, zwischen Aßumptionis undt Nativitatis Mariä (zwischen M. Himmelfahrt und M. Geburt) auf ihre Kosten schaden undt gefahr in sein Haus unverzüglich liefern. Im fal aber da sie diesen termin nicht würden einhalten undt unterdeßen die frucht durchs kriegswesen undt was anders entwendet würde, sollen sie ihrem Lehensherrn den volligen pfoch (Pacht) einmahl wie zuvor erstetten. Da auch ...? Mißwachsungen, Donner undt hagelschläg welches Gott gnediglich verhüten woll einfieln, soll mit ihnen ein erlaßung gleich ander nachbarschaften getroffen werden. Endtlich wann sie diesem allem nicht treulich wie es fleißigen Pfochmännern gebühret, werden nachleben soll sie sich selbst ihrer ley entsetzt haben.

Zur mehrer gewißheit undt Versicherung der leihe sind zwyern leihbrief ausgerichtet undt da etwa einer verlohren oder durch kriegsungemacht entzogen würde, soll der ander gleichmeßige kraft haben. So geschehen zu Flohstadt

Anno 1644, Henrich Stier, Pfarrer daselbst.

 

6. Melchior Phornio, 1646 - 1659. Dieser Name wird auf der Innenseite des Buchdeckels des ältesten noch vorhandenen Kirchenbuches erwähnt. Sein Nachfolger im Amte, der Pfarrer Treudt, nennt ihn seinen unmittelbaren Vorgänger. Er wurde von Florstadt nach Staden versetzt.

 

7. Johann Jakob Treudt von Butzbach, 30.9.1658 bis 21.12.1716. Immatrikuliert in Gießen 1649, September 1658 bis 1716 Pfarrer in Nieder-Florstadt. Verst. 21. Dezember 1716, „alt 86 Jahre, 10 Wochen“. Sein Adjunkt (Amtsgehilfe) war 1700 bis 1702 sein Schwiegersohn Johann Valentin Köhler von Nidda.

 

8. Johann Christian Jung - vom 1716 bis 23. Mai 1727 (da er starb). Geb. 24. Dezember 1683 zu Altenstadt, Sohn eines Pfarrers.

 

9. Heinrich Jung, immatrikuliert in Gießen 1698, 1707 - 1717 Pfarrer in Groß-Karben, 1717 - 1727 Pfarrer in Nieder-Florstadt Er verstarb am 23. Mai 1727.

 

10. Georg Christian Hölcker, 1727 - 1747. Geboren am 10. November 1703 zu Lich, Sohn des Konrektors Johann Melchior Hölcker, immatrikuliert in Gießen 1720. Vom 2. Dezember 1727 - 1747 Pfarrer in Nieder-Florstadt, 1747 abgesetzt, zieht nach Lich, wo er am 19. April 1763 starb.

11. Johann Georg Müller, 1748 - 1771 Pfarrer in Nieder-Florstadt. Er verstarb 26. Dezember 1771 infolge eines Schlaganfalls auf der Kanzel, im Alter von 58 Jahren.

In seiner Amtszeit wurde ein neues Pfarrhaus erbaut, das auch heute noch Wohn- und Amtssitz ist.

 

12. Georg Ludwig Cappe von Bobenhausen, 1772 - 1810. Er war von 1759 bis 1768 in Merlau, kam von dort nach Herchenhain, wo er bis 1772 weilte und siedelte im Frühjahr 1772 nach Florstadt über.

Während seiner Amtszeit wurde die hiesige Kirche gebaut.

Hier hat er sein 50jähriges Pfarrjubiläum gefeiert. Er wurde 1809 als Pfarrer von Nieder-Florstadt mit 75 Jahren dienstunfähig. Im Januar 1810 ging er in den Ruhestand. Er starb hier am 20. März 1811.

 

 

1810 - 1889

13. Heinrich Karl (Carl) Ebenau von Löhnberg bei Weilburg - vom 10. Januar 1810 bis Februar 1845

Ebenau war Sohn eines Pfarrers und wurde am 28. Juni 1772 zu Lönberg bei Weilburg geboren. Immatrikuliert in Gießen 1791. Mit 22 Jahren (1793) wurde er Kaplan, 1803 wurde er Pfarrer von Fauerbach und kam dann 1810 nach Florstadt. Seine Königliche Hoheit, der Großherzog, verlieh ihm anlässlich seines 50-jährigen Dienstjubiläums den Titel Kirchenrat. Heinrich Carl Ebenau starb am 26. Oktober 1846. Seine Grabstätte befindet sich vor unserer Kirche.

Die Ur-Ur-Enkelin von Pfarrer Ebenau, Dr. Lotte Köhler (München), schrieb im Jahr 1992:

Der spätere Pfarrer zu Nieder-Florstadt, Heinrich Carl Ebenau, wurde am 28. Juni 1772 als Sohn eines Pfarrers in Löhnberg an der Lahn geboren. Einem Bericht zufolge wurde er "schon als einundzwanzigjähriger Jüngling von seinem Vater zum Gehülfen ordiniert und in demselben Jahre als Kaplan zu Reichelsheim in der Wetterau angestellt. Hier vermählte er sich bald (1795) mit Charlotte Louis, der Tochter des Pfarrers Louis in dem nahe gelegenen Staden".

 

Die dem Ehepaar geborene Tochter Charlotte heiratete den Pfarrer Heinrich Anton Köhler aus Höchst an der Nidder.

Es muss für Ebenau ein Gottesgeschenk gewesen sein, als er die Pfarrei in Nieder-Florstadt erhielt. Sie war wohlhabend. Aus einer Aufstellung geht die große Zahl der Felder des Pfarrgutes hervor, die zuerst selbst bewirtschaftet, später verpachtet wurden. Die Feldarbeit, das Schlachten, Spinnen und Waschen waren harte Arbeit. Aber man freute sich auch an den Blumen im Garten und den Spatzen, die ihre Nester bauten.

Das Pfarrhaus muss wohnlich eingerichtet gewesen sein. Es gibt ein Inventarverzeichnis, das alles Vorhandene bis zum Klistier, den Strohsäcken, den Töpfen, Seilen, Kinderstühlchen und der umfangreichen Wäscheausstattung aufführt. Wichtig waren auch zwei Spinnräder, an denen Charlotte Ebenau Flachs verspann. Prunkstück war ein Frankfurter Wellenschrank. Er befindet sich noch heute in Familienbesitz.

Beide Ebenaus müssen sehr lebenszugewandte, warmherzige, fröhliche Menschen gewesen sein. Das Pfarrhaus Louis in Staden, aus dem Charlotte Ebenau stammte, war, einem zeitgenössischen Bericht zufolge „ein gern besuchter Ort. Zeitgenossen (darunter Schriftsteller und ein Minister) erzählten noch in späteren Jahren, Lebende wissen noch jetzt von den vergnügten Stunden zu sagen, die sie dort im Kreise einer wohlhabenden, heiteren, wohlgeordneten Familie mit zwei Söhnen und drei anmutigen Töchtern jugendlich froh verlebt haben."

 

Charlotte schrieb schwungvolle, empfindsame Liebesbriefe an ihren Verlobten und Gedichte. Es war die Zeit des Sturms und Drang. Die erste Auflage von Werther's Leiden befindet sich auch in der Nachlassenschaft.

Das Schicksal hat aber die Ebenaus auch nicht von Schlägen verschont: Ein halbes Jahr vor der goldenen Hochzeit und dem 50-jährigen Pfarrjubiläum war der einzige Sohn, Leiter der nachmaligen hessischen Staatsbibliothek in Darmstadt, verstorben. Auch wurden sie, wie das angesichts der damals noch nicht fortgeschrittenen Medizin weit verbreitet war, von Zahn- und Kopfschmerzen, von Rheuma und Erkältung und letztlich von Herzversagen verfolgt. Gemessen an heutiger Lebenserwartung, starben beide früh: er mit vierundsiebzig, sie überlebte ihn um zwei Jahre. 

Das Intelligenz-Blatt Nr. 90 für die Provinz Oberhessen vom Sonnabend, den 18. November 1843, berichtet über das Dienstjubiläum von Pfarrer Ebenau:

 

Mittwoch der 8. November 1843 war für die beiden Florstadt ein eigentümlicher Festtag. Sie feierten nämlich das fünfzigjährige Dienstjubiläum ihres geliebten Seelenhirten, des Pfarrers Ebenau. Über ein Menschenalter, 35 Jahre, wirkte er an den beiden Orten und man kann darum annehmen, daß er sich seine gegenwärtige Gemeinde selbst erzogen habe. Um so mehr war zu erwarten, daß dieselbe den Tag, an welchem vor fünfzig Jahren der von allen, die ihn kennen, hochgeachtete würdige Mann in das Pfarramt eintrat, das er bei verschiedenen Gemeinden treu und mit Liebe verwaltete, nicht ohne festliche Feier vorübergehen lassen werde. Und so ist es auch geschehen...

 

Mit dem Zusammenläuten bewegte sich der Festzug vom Rathaus zur Kirche. Voran die festlich geschmückte Schuljugend mit den sämtlichen Lehrern der beiden Florstadt, dann der Großherzogliche Superintendent Simon von Gießen mit den anwesenden Geistlichen in ihrer Amtstracht, hierauf der Großhl. Kreisrat Küchler mit dem Bürgermeister und dem Gemeinderat, sowie dem Kirchen- und Schulvorstand und wer sich sonst dem Zuge anschloß. Am Pfarrhaus nahmen sie den Jubilar in Empfang und nun bewegte sich der Zug zu der Kirche, auf deren Turm die Ortsfahne wehte. Die geräumige, freundliche Kirche war überaus schön und festlich geschmückt... Die Kirche vermochte die Menge kaum zu fassen. Das Altargebet nach dem Eingangslied sprach der Dekan des Jubilars, der Großherzogliche Kirchenrat Pilger von Friedberg, welcher zugleich einen Dankpsalm verlas. Nach dem Hauptliede hielt der Jubilar persönlich die Predigt.

 

Die Aufmerksamkeit und Stille, welche die Anwesenden zeigten, sowie die Tränen der Rührung beurkundeten die Teilnahme, welche auch der Jubilar mit herzlichen Worten anerkannte. Er sprach einfach biblisch, wie er zu seiner Gemeinde zu sprechen gewohnt war. Nach der Predigt sang die Schuljugend mehrstimmig ein für den Festtag gedichtetes Festlied. Anschließend geleiteten der Großherzogliche Superintendent und die beiden Dekane Kirchenrat Pilger und Thudichum den Jubilar vor den Altar, zusammen mit den anwesenden Geistlichen. Hier hielt Superintendent Simon, zwischen den beiden Dekanen stehend, eine Festrede und drückte ihm die Glückwünsche der kirchlichen Oberbehörde des Landes aus und verlas ein Dekret Seiner Königlichen Hoheit unseres allverehrten Landesfürsten, wonach der Jubilar in Anerkennung seines treuen, würdigen Wirkens zum Kirchenrat ernannt wurde. Zum Schluß der kirchlichen Feier sprach der Jubilar selbst den Segen und nahm die Glückwünsche der anwesenden Honoratioren entgegen.

 

Nun ging der Zug zum Pfarrhaus zurück, in welchem sodann die Festgeschenke überreicht wurden. Zuerst übergab der Gemeinderat mit dem Bürgermeister an der Spitze einen großen, kunstreich gearbeiteten, silbernen Pokal mit Deckel und der Inschrift: Die Gemeinde Florstadt aus Liebe und Dankbarkeit Ihrem würdigen Seelsorger Herrn Pfarrer Ebenau zu seinem 50jährigen Dienstjubiläum am 8. November 1843. Herr Rittmeister Freiherr von Löw als Ortsherrschaft ließ dem Jubilar eine schön gearbeitete silberne Dose, inwendig vergoldet, überreichen... Außerdem war der Jubilar durch seine fast sämtlich anwesenden Familienangehörigen mit zahlreichen Geschenken erfreut worden, worunter auch ein schöner Sessel war. Nun wurde der Gefeierte zum Festessen in den Saal abgeholt, woran 50 Personen teilnahmen...“

 

Die Grabstätte von Pfarrer Ebenau befindet sich vor der evangelischen Kirche.

 

14. Ernst Friedrich Wilhelm Görtz - 1847 – 1877

Geboren am 27. Mai 1798 zu Hannover. Er starb als Pfarrer von Nieder-Florstadt am 30. April 1877. Er war ebenfalls Pfarrerssohn. Mit seinen Eltern kam er am 1. Mai 1806 nach Melbach. Den ersten Unterricht erhielt er vom Vater, der ihn auch konfirmierte. Ab 1813 besuchte er das Gymnasium zu Gießen. Von 1816 an studierte er in Gießen und Jena Theologie. 1819 legte er das Staatsexamen ab. 1824 wurde er als Pfarrer nach Steinfurth berufen, übernahm 1834 die Pfarrstelle zu Schwanheim im Kreise Bensheim.

Am 27. April 1847 wurde ihm die Pfarrstelle zu Florstadt übertragen. Schon im Herbst 1848 wurde er Dekan, zunächst provisorisch, „... und sodann durch Allerhöchstes Decret vom 15. März 1851 definitiv übertragen“.

Am 25. August 1857 wurde ihm vom Großherzog das Ritterkreuz des Verdienstordens Philipps des Großmütigen verliehen, dazu der Titel Kirchenrat. 1825 heiratete Pfarrer Görtz Ernestine Friederike Wilhelmine Hast aus Gießen. Sie hatten 2 Söhne und 5 Töchter, zwei Mädchen starben ½ Jahr und 18 Jahre alt. Der älteste Sohn wurde Arzt zu Heldenbergen, der jüngere studierte Pharmazie. Pfarrer Görtz war ein hochangesehener Mann und der erste Chronist der Kirchengemeinde. Auf Betreiben des Pfarrers Görtz wurde der Pfarrassistent Buchhold vom 7. Dezember 1873 bis 17. Oktober 1874 zum Vikar der hiesigen Gemeinde ernannt. Ebenfalls in seiner Amtszeit, vom 12. Dezember 1875 bis 22. Mai 1877, war der „Kandidat der Theologie Ohly“ in Florstadt. Ohly verließ die hessische Landeskirche kurz nach dem Tod von Pfarrer Görtz, um eine Pfarrstelle im Fürstentum Schwarzburg zu übernehmen.

 

Die Chronik berichtet vom Ableben Pfarrer Görtz’:

„Am 30. April 1877, nachmittags ½ zwei Uhr starb der Geistliche Kirchenrat Görtz in einem Alter von nahezu 79 Jahren. Seine körperlichen Leiden hatten von Jahr zu Jahr zugenommen, bis eine eingetretene Wassersucht ihn mehrere Wochen aufs Krankenbett warf und seinem Leben ein Ende machte. Der Entschlafene wurde am 2. Mai nachmittags zwei Uhr in dem an der Kirche gelegenen alten Friedhof zu Seiten seiner im Tod vorangegangenen Familienmitglieder begraben.“

Die Grabrede hielt der ihm befreundete Dekan, Pfarrer Buchhold zu Ossenheim.

 

Aus dem im Oberhessischen Anzeiger erschienenem Nachruf stand zu lesen: „In ihm verlor seine Familie das teure innigst geliebte Haupt, seine Gemeinde einen treuen musterhaften Seelenhirten, die evangelische Kirche unseres Landes einen ihrer würdigsten Diener. Während 21 Jahre verwaltete der Dahingeschiedene das Amt eines Dekans des evang. Dekanates Friedberg und erwarb sich durch sein würdevolles Auftreten, durch seine Humanität und seine ausgezeichnete Gewissenhaftigkeit und Leutseligkeit in hohem Grade die Liebe und Achtung aller derjenigen, welche mit ihm in nähere Berührung kamen.“ Das Spezialvikariat (die Vertretung) bis zur Neubesetzung der Florstädter Pfarrstelle wurde dem Pfarrverwalter Schmidt, welcher die Pfarrei Staden verwaltete, übertragen.

 

15. Heinrich Ferdinand Heßler - 1878-1889

Geboren 13. Januar 1836 zu Trais-Horloff, Sohn des Lehrers Philipp Christian Heßler. Ab Ostern 1854 studierte er an der Universität zu Gießen Theologie. Nach dem Examen 1857 besuchte er das Predigerseminar zu Friedberg für ein Jahr. Zu Pfingsten 1859 wurde er Pfarrassistent bei Pfarrer Buff zu Nieder-Wöllstadt. Seine Ordination fand am 7. August 1859 durch Dekan Görtz statt. Am 18. August heiratete er Marie Friederike Bindernagel, eine Tochter des Buchhändlers und Kirchenvorstehers L.H. Bindernagel zu Friedberg. Am 31. Oktober 1865 wurde er zum Pfarrer von Assenheim ernannt und wirkte dort zwölfeinhalb Jahre.

 

Am 26. April 1878 wurde ihm das Pfarramt von Florstadt übertragen. Er hielt am 22. Mai in hiesiger Gemeinde seinen Einzug. Die Gemeinde hatte diesen Tag recht festlich gestaltet und der Oberhessischer Anzeiger brachte darüber folgenden Bericht:

 

„Der 22. Mai war für Florstadt ein Festtag. An demselben zog der in Florstadt seither schon bekannt gewordene und beliebte Pfarrer Heßler von Assenheim, auf die Pfarrstelle zu Florstadt präsentiert und bestätigt, als neuer Geistlicher ein. Ehrenreiter waren dem neuen Geistlichen bis ans Kreuz entgegengeritten. Eine Volksmenge, Kopf an Kopf, der Gemeinde-, Kirchen- und Schulvorstand, die Lehrer mit etwa 400 Kindern empfingen Pfarrer Heßler am Eingang des Ortes, wo eine Ehrenpforte mit ihrem Willkomm prangte und Bürgermeister Alles zu Nieder-Florstadt mit herzlichen Worten namens der beiden Gemeinden Nieder- und Ober-Florstadt willkommen hieß. Tiefgerührt von dem unerwarteten Empfang dankte der neue Geistliche mit von Herzen kommenden und darum auch zu Herzen gehenden Worten und wurde dann von der versammelten Gemeinde durch das reich und prächtig geschmückte und geflaggte Dorf bis zur Pfarrhaustüre begleitet, wo nochmals ein Ehrenbogen mit der Aufschrift: „Gott segne deinen Eingang“ aufgeführt war. Hier drückte Bürgermeister Dauernheim von Ober-Florstadt die Wünsche der Kirchengemeinde für den Einziehenden und seine Familie aus, worauf wiederum der neue Pfarrer mit sichtlicher Rührung dankte. Florstadt hat sich bei dieser Gelegenheit ein ehrendes Zeugnis ausgestellt.“

 

Am Sonntag Rogate, dem 26. Mai 1878 hielt Pfarrer Heßler in der festlich geschmückten Kirche seine Antrittspredigt. Eine sehr große Gemeinde war versammelt; Dekan Buchhold stellte den Pfarrer der Gemeinde vor.

 

Im Winter 1888/89 erkrankte der Pfarrer. Ein zunehmendes Herzleiden machte ihm die Arbeit immer schwerer. An Neujahr 1889 betrat er zum letzten Mal die Kanzel. Die Geistlichen der Nachbargemeinden, namentlich Pfarrer Bernbeck von Staden, standen ihm helfend zur Seite.

 

„Am 27. März 1889, abends um 10 Uhr erlöste ihn der Herr von seinem schweren Leiden. Er wurde 53 Jahre alt, die Zeit seiner Wirksamkeit an hiesiger Gemeinde war zehn Jahre. Am 29. März wurde er von der Gemeinde und zahlreichen Freunden und Verwandten zu seiner letzten Ruhestätte auf dem neuen Friedhof geleitet, wo Pfarrer Möbius von Bönstadt ihm die Gedächtnisrede hielt.“

 

Die Vertretung bis zur Neubesetzung hielt Pfr. Bernbeck aus Staden, die Predigten wurden von den Geistlichen des Dekanates im Turnus gehalten.

1890 - 1934

16. Wilhelm Christian Emil Wahl von Ruppertsburg, vom 8. Juni 1890 bis 7. August 1904

Er wurde am 30. Januar 1848 zu Ruppertsburg bei Laubach geboren. Ab 1861 besucht er er das Gymnasium zu Gießen und studierte ab 1865 an der dortigen Universität Theologie. Sein Examen legte er 1868 ab und wurde dann Hauslehrer in Hochheim am Main. 1870 ging er zum Predigerseminar nach Friedberg und legte 1872 die letzte theologische Prüfung ab. Er hatte dann Assistentenstellen in Michelstadt und Pfungstadt-Hahn. Pfarrverwalter war er in Lich und Butzbach und wurde dann 1878 in Trais-Horloff definitiv angestellt. 1885 wurde Pfarrer Wahl Dekan des Dekanates Hungen. Von dort kam er 1890 nach Florstadt. Er war verheiratet mit Friederike Gossi aus Friedberg. Von den sechs Kindern starb eines im ersten Lebensjahr. Der älteste Sohn Wilhelm (*1880) wurde ebenfalls Pfarrer (in Schlierbach, Gimbsheim und Lang-Göns, von 1945 bis 1950 auch Dekan des Dekanates Gießen). Sohn Ludwig war der unter dem Namen Kaffee-Wahl in der Wetterau bekannte Kaufmann in Friedberg. Hermann Wahl ist als junger Assistenzarzt an einer Infektion gestorben, die er sich in der Uniklinik Gießen geholt hat.

Im Jahre 1904 bewarb sich Pfarrer Wahl um die freie Pfarrstelle in Beienheim. Im Juni erhielt er die Berufung dorthin und hielt am 7. August in Florstadt die Abschiedspredigt. Er schreibt: „Ich habe mich nach Beienheim gemeldet mit Rücksicht auf meine beiden jüngsten Söhne Hermann und Ludwig, welche in das Friedberger Gymnasium eintreten sollten und von Beienheim aus die Bahn benutzen können.... Nicht ohne tiefe Bewegung scheide ich von der Gemeinde, in der ich 14 Jahre lang wirken durfte, mit deren Gliedern mich allezeit ein persönlich freundliches Verhältnis näher verbunden hat. Der Herr wolle sie allezeit segnen in irdischen und himmlischen Gütern durch Jesum Christum unsern Herrn!“


17. Johann Georg Peter Conrad Ludwig Heinrich Wagner von Grebenau, vom 3. November 1904 bis 28. Dezember 1911.

Er war Pfarrerssohn, wurde am 30. Mai 1872 geboren, beide Großväter waren Pfarrer. Wagner besuchte das Gymnasium in Laubach, studierte dann Theologie, zwei Semester in Erlangen und vier in Gießen. 1894 bestand er das Fakultätsexamen. Er diente dann als „Einjährig-Freiwilliger im Königlichen Infanterie Leib-Regiment zu München“. 1895 ging er für ein Jahr zum Predigerseminar nach Friedberg. Anschließend war er Lehrer am Dr. Klotz`schen Institut zu Bad Nauheim. 1897 legte er das weite Examen ab und wurde Pfarrverwalter in Billertshausen bei Alsfeld, wo er auch ordiniert wurde. Er blieb dort 7 ½ Jahre. 1899 heiratete er die Enkelin des Pfarrers Görtz, Tochter des Apothekers Görtz in Friedberg. Sie hatten drei Söhne und eine Tochter. Als Grund, nach Florstadt zu gehen, führt er an, daß es nicht gut sei, wenn ein junger Pfarrer auf einer einzigen Stelle bleibe.
„Um ihrer alten Beziehungen zum Hause Görtz willen haben die Herren Baron Erwin und Gilbrecht von Löw mich gern präsentiert. Die hiesige Gemeinde hat uns sehr freundlich aufgenommen - soweit sie überhaupt Interesse an Kirche und Pfarrhaus hat.“

Während des Wirkens von Pfarrer Wagner hat sich in Florstadt vieles verändert. Alte Strukturen begannen sich aufzulösen. Das Dorf hat sich auch äußerlich stark verändert.

Am 15. November 1911 wurde Pfarrer Wagner nach Stockstadt am Rhein berufen. Er schreibt:

„Ich hatte mich dorthin gemeldet, besonders um eine bessere Möglichkeit zu haben, meine sechs Kinder zu erziehen, als wie sie hier besteht. Auch die Gemeinde Florstadt begreift meinen Weggang, gleichwohl sie mein Abbrechen hiesiger Amtswirksamkeit sehr bedauert. Gott segne meine liebe Florstädter Gemeinde in allen ihren Gliedern auf Zeit und Ewigkeit... Meinem lieben Amtsnachfolger reiche ich im Geist die Hand und bitte: Was ich Gutes gewollt - das führt weiter; was ich verfehlte, das macht besser! Gott helfe Euch! Amen.“

1922 wurde er Krankenhauspfarrer in Darmstadt.



18. Leonhard Konrad Heberer, April 1912-1914

Geb. 6. Juli 1884 zu Sandbach, Kreis Erbach i.O. Sohn des Lehrers August Heberer. Er besuchte das Gymnasium zu Bensheim und studierte seit 1903 in Gießen Theologie, danach in Halle und legte 1907 in Gießen das Examen ab. Danach besuchte er das Friedberger Predigerseminar und bestand 1908 das 2. Examen. Seine erste Pfarrstelle war Deckenbach (Dekanat Grünberg). 1909 wird er Pfarrassistent in der Johanneskirche zu Mainz. Im April 1912 wird er nach Florstadt berufen, Pfarrer Heberer schreibt in der Chronik:

„Soviel Segensreiches meine Vorgänger, insbesondere Herr Kollege Wagner hier gewirkt haben, so sind die kirchlichen Verhältnisse hier geradezu trostlos. Doch es ist Gottes Sache, an der wir stehen. Im Aufblick zu ihm gilt es zu arbeiten und nicht zu verzweifeln.“

Der 1. Weltkrieg bricht aus und die Eintragungen brechen ab. Er trat 1914 aus dem Dienst der Landeskirche aus, 1914 - 1919 war er Pfarrer in Geestemünde. Sein Nachfolger bemerkt auf Seite 235 der Kirchenchronik:
„Pfarrer Heberer ist in die Seemannsmission gegangen; seine Adresse ist nach einem Brief an Kirchenrechner Hirsch vom 27. April 1915: Pastor Heberer, Geestemünde, Johannesstraße 31.“ Ab 1919 wirkte er als Pfarrer in Schalke/Westfalen.


19. Otto Paul Kappeßer von Altenkirchen in der Pfalz, vom 1. April 1916 bis 17. Juni 1928

Er wurde am 13. Februar 1888 zu Altenkirchen in der Bayerischen Rheinpfalz geboren. Der Vater war Pfarrer und Schulinspektor. Er studierte Theologie in Halle und Gießen, diente in Gießen als Einjährig-Freiwilliger im Infanterie-Regiment 116 (Kaiser Wilhelm II.) und ging im Herbst 1911 in das Predigerseminar in Friedberg. Im Januar 1913 bestand er das 2. theologische Examen vor dem Großherzoglichen Oberkonsistorium in Darmstadt und wurde bald darauf zum Pfarrverwalter in Rodheim v.d.H. Am 2. Februar 1913 fand seine Ordination statt. Im Herbst 1913 kam er als Pfarrassistent nach Bodenheim bei Mainz und blieb bis Ostern 1916. Am 1. April 1916 erhielt er die Berufung nach Nieder-Florstadt, aber wegen einer Erkrankung an Scharlach konnte er sein Amt erst Anfang Juni antreten. Herr Dekan Wahl (Beienheim) stellte ihn der Gemeinde vor. Es war die Zeit des 1. Weltkrieges. Am 18. Juli 1916 heiratete er Anna Römheld aus Nidda. Sie war die Tochter des dortigen Oberamtsrichters. Im April 1917 wurde ihnen die Tochter Ursula Waltraut geboren. Von Oktober 1917 an war er Feldgeistlicher in Belgien und Frankreich.

Am 1. Dezember 1918 führte er wieder das Pfarramt zu Florstadt. In der Chronik beschreibt Pfarrer Kappeßer die Zustände der Gemeinde Florstadt während des Krieges. Seit 1914 war die Pfarrstelle vakant und Pfarrverwalter Karl Job tat seinen Dienst, bis er wegen einer Lungenerkrankung beurlaubt werden musste. Pfarrer Karl Sattler von Staden wurde Spezialvikar, der sich mit Pfarrer Vogel aus Reichelsheim im Predigtdienst abwechselte, so lange Pfarrer Kappeßer bei den Soldaten war. Der Pfarrer litt sehr an seiner Gemeinde, an den neuen politischen Verhältnissen im Land, an der Umwälzung aller Werte. Er spürte den „glühenden Hass gegen die Kirche bei den Sozialdemokraten und Unabhängigen in Florstadt.“ Es war dies wohl die Zeit, da unter Pfarrkreisen die Rede von dem „Roten Florstadt“ aufkam. Die Jahre von 1919 bis zum Weggang von Pfarrer Kappeßer im Juni 1928 finden auf 139 Seiten der Chronik ihren Niederschlag.

Im September 1927 schreibt er in der Chronik: „...doch kann ich nicht mehr länger hier bleiben, ich bin am Ende meiner Gedulds- und Hoffnungskraft.“ Am 17. Juni 1928 hielt Pfarrer Kappeßer seine Abschiedspredigt, und am 1. Juli nahm er in Kettenheim seine neue Arbeit auf.



20. Heinrich Neunobel von Lauterbach, vom 28. September 1928 bis Frühjahr 1931

Er verrät in der Chronik nur, dass er von Nieder-Moos kam und stellt fest: “Schwer fiel mir der Unterschied zwischen der neuen Gemeinde und der seitherigen Gemeinde auf die Seele. Völlige Unkirchlichkeit, dazu die Buchführung und das Rechnungswesen.“ Er schlägt sich mit der politischen Gemeinde wegen des Kirchengutsgeländes, das Bauland werden soll, herum. Seine Vorgesetzten drohten ihm mit Gehaltssperrungen, wenn er nicht dafür sorge, dass die ausstehenden Steuern, Kirchengelder und Hypothekenzahlungen eingetrieben würden. Dies alles wird wohl dazu beigetragen haben, dass Pfarrer Neunobel Florstadt bald wieder verließ.



21. Adolf Bausch - vom 10. Mai 1931 bis März 1934 (er starb hier)

Geboren am 6. Mai 1885 in Asbach im Odenwald. Dekan Vogel, Bruchenbrücken, führte ihn in der Gemeinde ein. Bausch’s Eintragungen in der Chronik sind durchweg positiv gestimmt, eine Art Aufbruchstimmung ist zu spüren. Leider war es ihm nicht vergönnt, lange seinen Dienst in Florstadt zu tun. In der Chronik heißt es: „Der seit Monaten schwer leidende Pfarrer brach Ende 1933 vollständig zusammen.“

Am 5. März 1934 starb er in Frankfurt und wurde am 8. März, „Mittags 3 Uhr“, durch Dekan Vogel hinter der Kirche bestattet.

(Abschrift Zeitungsartikel 05.11.1932, Historisches Archiv Jürgen Reuß)
Nieder-Florstadt, 5. Nov. 1932 Vergangenen Sonntag wurde in Nieder-Florstadt der neuerbaute Gemeindesaal im Pfarrhofe eingeweiht und somit seinem Zweck übergeben. Der aus den alten Stallungen im Pfarrhofe erbaute Saal soll den vier kirchlichen Vereinen Frauenverein, Mädchenkreis, Kirchenchor und Wartburgjugend als Heim dienen. Durch den Umbau dieser alten Wirtschaftsgebäude zu einem schönen und doch schlichten Saale ist einem lang gehegten Wunsche stattgegeben worden, was von der ganzen Gemeinde begrüßt wurde. Der Einweihungsfeier ging ein Festgottesdienst in der Kirche voraus. Dekan Vogel verstand es, die Florstädter an der richtigen Stelle anzupacken, und gab ihnen entsprechende Worte mit auf den Weg. Die Kirche war gefüllt. Kirchenchor und Mädchenkreis halfen mit, den Gottesdienst zu verschönern, indem sie mit geeigneten Chören aufwarteten. Nach dem Festgottesdienst zog dann die ganze Gemeinde hinüber in den Gemeindesaal, wo die eigentliche Einweihung vollzogen werden sollte. Nachdem der Vertreter des Hochbauamtes dem Ortsgeistlichen den Schlüssel des Saales übergeben hatte, hielt Pfarrer Bausch eine kurze Ansprache, in der er die Anwesenden begrüßte und sie herzlich willkommen hieß. Dann öffnete sich die Pforte des Sälchens, und zum ersten Male strömten Menschen in seinen Raum. Alle Plätze besetzt; fast können nicht alle Platz bekommen. Dann weiht Pfarrer Bausch den Gemeindesaal und übergibt ihn seinem Zweck. Pfarrer Bausch dankte zunächst all denen, die mitgeholfen haben, den Bau des Gemeindesaales zu bewerkstelligen, und gab der Hoffnung Ausdruck, daß der Saal künftig das kirchliche Leben der Gemeinde hege und pflege. In den Nachmittagsstunden kamen dann die alten Gemeindemitglieder über 70 Jahre in dem Saale zusammen, wo sie bei Kaffee und Kuchen einige gemütliche Stunden verbrachten. Am Abend trafen sich die Mitglieder der kirchlichen Vereine in ihrem neuen Heim. Frauenverein, Mädchenkreis, Kirchenchor und Wartburgjugend, alt neben jung. Die Mädchen führten Reigen auf und servierten den Kaffee, ein Bild der Gemeinschaft. Ernste Chöre wechselten ab mit frohen schelmischen Liedchen und heiteren Vorträgen. So blieb man lange beisammen.

1934 - 1949

22. Friedrich Georgi - vom 10. Juni 1934 bis 18. Oktober 1936

Es ist die Zeit des Nationalsozialismus. Pfarrer Georgi war eines der ersten Opfer in der Zeit des Kirchenkampfes. Er berichtet in der Chronik:
„Meine Versetzung hierher erfolgte als Strafversetzung unter dem unkirchlichen Gewaltregiment des Herrn Lic. Dietrich. Der Grund war, „dass ich aus Gewissensgründen auf Seiten der Bekennenden Kirche für eine reine schriftgemäße Verkündigung eintrat und die unkirchlichen Gewaltmethoden des Kirchen-Regiments Dietrich nicht stillschweigend akzeptieren konnte“.

Georgis Predigten wurden polizeilich überwacht, da er gegen die Politisierung der Kirche kämpfte, und manchmal stand er kurz vor einer „Inschutzhaftnahme“.

1935 schreibt er: „Besonders schmerzlich ist die Feststellung, dass der plötzliche Aufschwung des kirchlichen Lebens, der mit dem Aufbruch des Nationalsozialismus ein-setzte, ebenso rasch wieder abflaute.“.

Am 18. Oktober 1936 hielt Georgi seine Abschiedspredigt, nachdem er durch Dekret des Kirchenausschusses für die evangelische Landeskirche Nassau-Hessen an die Lukasgemeinde zu Frankfurt berufen worden ist. Seine „Strafversetzung“ sollte dadurch im Zuge der kirchlichen Befriedigung rückgängig gemacht werden. Georgi blieb Pfarrer der Lukasgemeinde (mit Unterbrechung durch seinen befohlenen Wehrdienst) bis zu seiner Pensionierung 1967.



23. Emil Britz - vom 12. Dezember 1936 bis 16. Januar 1949

Er wurde am 15. Oktober 1909 zu Bischheim im Elsass geboren. In Straßburg besuchte er das Gymnasium, 1919 wurden die Eltern als Reichsdeutsche aus dem Elsass ausgewiesen und kamen 1922 nach Darmstadt. Hier legte Britz 1928 die Reifeprüfung ab und studierte von 1928 bis 1932 in Erlangen, Berlin und Gießen Theologie. Danach besuchte er das Predigerseminar in Friedberg. Am 25. Juni 1933 wurde er in der Stadtkirche zu Offenbach ordiniert und hatte an der Stadt- und Friedenskirche zu Offenbach bis zum 31. Dezember 1936 die Stelle als Pfarrassistent. Er lehnte jede Zusammenarbeit mit dem damaligen „Deutschchristlichen Kirchenregiment“ ab, so trat er ohne förmliche Einführung seinen Dienst am 10. Januar 1937 an. Er schreibt von den örtlichen Verhältnissen: “Trotz der immer deutlicher werdenden Bedrückung der christlichen Kirche durch den NS-Staat war in diesen Jahren das Verhältnis zwischen den örtlichen Dienststellen der Partei, der Gemeindeverwaltung und der Kirche immer korrekt.“ Bis 1937 z.B. gab es keine Kirchenaustritte, obwohl dies von der Partei propagiert wurde. Zunächst war Pfarrer Britz in Florstadt nicht angestellt, weil er der Bekennenden Kirche angehörte. Erst nach zwei Jahren Heeresdienst wurde er 1942 angestellt. Während seiner Militärzeit vertrat ihn Pfarrer Heinrich Hoffmann aus Ossenheim. Am 17. Juni 1945 kehrte Pfarrer Britz erschöpft in die Heimat zurück - zuvor war er noch vier Wochen in amerikanischer Gefangenschaft. Er schreibt in der Kirchenchronik: „Da ich zunächst einer gründlichen körperlichen Erholung bedurfte - ich wog nur 102 Pfund - konnte ich meinen Dienst nicht sofort wieder aufnehmen. Nach vier Wochen hielt ich meine zweite Antrittsrede in Nieder-Florstadt.“ Im Herbst 1948 wurde er an die Paulusgemeinde zu Darmstadt berufen. Am 16. Januar 1949 hielt er in Florstadt seine Abschiedspredigt.

1949 bis heute

24. Gustav Metzger - vom 16. Januar 1949 bis 25. September 1957

Er wurde am 19. März 1914 zu Königsberg, Kreis Landsberg, in Polen geboren. Nach dem Abitur begann er sein Theologiestudium 1934 an der Theologischen Hochschule in Posen. Von dort ging er nach Greifswald und Halle. 1939 legte er das 1. Examen ab und wurde in Ueckermünde (Vorpommern) Vikar. Im März 1941 legte er das 2. theologische Examen ab und wurde ordiniert. Seine erste Stelle war in Rosenau/Posen und im Juli 1941 wurde er zur Wehrmacht einberufen. Nach der Gefangenschaft 1945 wurde er in den Dienst der Hessischen Landeskirche übernommen und wurde erst Pfarrer in Erzhausen, im Januar 1949 wurde er nach Florstadt berufen. Die Amtseinführung nahm Dekan Saal am 27. Februar 1949 vor. Er war ein streitbarer Theologe und berichtet in der Chronik auf 111 Seiten von seiner vielfältigen Arbeit. Am 22. September 1957 hielt er seinen Abschiedsgottesdienst, da er die Pfarrstelle der Matthäusgemeinde in Gießen übernahm.



25. Karl Schultz - vom 17. November 1957 bis Januar 1961

Er wurde am 5. Dezember 1910 in Wittstock/ Dosse in der Provinz Brandenburg geboren, legte im Frühjahr 1930 die Reifeprüfung ab und studierte danach Theologie in Greifswald und Berlin, anschließend absolvierte er das Pädagogikstudium an der Hochschule für Lehrerbildung in Elbing. Von 1939 bis 1945 war er Soldat, kam am 7. Mai 1945 mit dem letzten Transport aus Ostpreußen und in Holstein in Gefangenschaft. Nach seiner Entlassung kam er nach Frankfurt/M., wo seine Frau wohnte. 1947 und 1949 legte er die theologischen Examina in Herborn und Wiesbaden ab. Nach dem Lehrvikariat in Sinn im Dillkreis wurde er Pfarrvikar in Offenbach, Bad Homburg und Lauterbach und von 1950 bis 1957 Pfarrer in Engelrod. Die Kirchengemeindevertreter und der Patron unserer Kirchengemeinde, Baron Robert Freiherr Löw von und zu Steinfurth, wählten ihn einstimmig am 29. September 1957 zum Nachfolger von Pfarrer Metzger. Im Januar 1961 verließ Pfarrer Schultz die Gemeinde wieder, um nach Oberursel zu gehen.



26. Harry Bormann - vom 18. Juni 1961 bis Juni 1982

Er kam mit seiner Familie aus Klein-Umstadt in die Wetterau. Von Anfang an versuchte er, frischen Wind in das Gemeindeleben zu bringen. Er bemühte sich in allen kirchlichen Kreisen um neue Arbeitsformen, selbst den Gottesdienst versuchte er durch aktive Einbeziehung der Hörer zu beleben. Seine „Beatpartys“ fanden großen Zuspruch, auch bei Jugendlichen außerhalb Florstadts. Jugend- und Erwachsenenseminare verschiedenster Art fanden statt. Kompetente Leute kamen dazu nach Florstadt, darunter der Landrat des Kreises, Herr Milius und zweimal Kirchenpräsident Niemöller. Der Pfarrer schreibt 1962: „Es hat sich herausgestellt, dass das Wort vom ‘roten Nieder-Florstadt’ nur eine Legende ist; die Nachwirkungen der NS-Zeit aber sind auf Schritt und Tritt zu spüren, nicht zuletzt auch in der Schule.“ In seine Amtszeit fiel der Bau des ersten Kindergartens, die katholische Kirchengemeinde erhielt 1965 ihre Kirche St. Willigis, die Neuapostolische Gemeinde weihte am 19. Februar 1967 ihre Kirche ein. 1969/70 wurde das Gemeindehaus umgebaut, 1971 die Großgemeinde Florstadt gegründet. Die Kirche erhielt eine neue Orgel und wurde innen und außen renoviert. Am 2. April 1981 machte Bormann die letzte Eintragung in die Chronik, er war schwer erkrankt und starb im Juni 1982. In der Vakanz war Pfarrer Dr. Siegfried Hohenberger in Florstadt tätig, er ging im April 1984 nach Frankfurt-Hausen.



27. Siegfried Hock - vom 16. September 1984 bis Juli 1993

Er wurde 1932 in Nierstein/Rheinhessen geboren. Von 1962 bis 1963 Pfarrvikar in Siedelsbrunn / Waldmichelbach, von 1963 bis 1969 Vikar und Pfarrer in Worms (Dekanatsjugendpfarrer), von 1969 bis 1981 Pfarrer an der Deutschen Evangelischen Kirchengemeinde Amsterdam, von 1981 bis 1984 Pfarrer in Frankfurt, von 1984 bis 1993 in Florstadt. In seine Amtszeit fällt die Grundsteinlegung für den zweiten Kindergarten unter Trägerschaft der evang. Kirchengemeinde am 20. November 1992.


28. Christian Gottschick - von 1988 bis 1991

Geboren 1949 in Görlitz. Abitur in Naumburg/Saale 1968. Verschiedene Engagements als Musiker. 1977 Übersiedlung nach West-Berlin. Studium der Theologie in Berlin von 1978-1984. Von 1988 bis 1991 Verwalter der 1986 geschaffenen 2/3 Pfarrvikarstelle, Pfarrbezirk Ober-Florstadt. 1991-1994 Pfarrer in Gedern, 1994 - 2010 Pfarrer in der Altenheim- und Krankenhausseelsorge in Bad Nauheim.



29. Ursula Seeger - seit 1992

Geboren 1961, aufgewachsen in Annerod bei Gießen, 1981 Abitur an der Liebigschule Gießen, 1981-1988 Studium der Theologie in Frankfurt, Marburg und Heidelberg. Erstes theologisches Examen in Heidelberg. 1989-1991 Vikariat in Dauborn bei Limburg und am Theologischen Seminar in Herborn, zweites theologisches Examen. Danach eineinhalb Jahre Spezialpraktikum bei der Circus- und Schaustellerseelsorge. Seit 1. Juli 1992 Pfarrerin in Florstadt (Ordination: 2. August 1992), zunächst Verwaltung der Pfarrvikarstelle, ab 1993 Verwalterin der Pfarrstelle, seit 1995 Inhaberin der Pfarrstelle.



30. Kerstin Hillgärtner – 1994 bis 2006

Geboren 1964, aufgewachsen in Pfungstadt, 1984 Abitur in Darmstadt, danach Studium der Theologie in Mainz und Heidelberg. 1991 erstes theologisches Examen in Mainz. 1992 Vikariat in der Kirchengemeinde Groß-Gerau/Süd und am Theologischen Seminar in Friedberg. 1993 zweites theologisches Examen. Acht Monate Spezialpraktikum im Bereich Konfirmandenunterricht am Religionspädagogischen Studienzentrum in Schönberg/Taunus. Ab 1.8.1994 Pfarrerin in Florstadt (Ordination: 18. September 1994), Verwaltung der 2/3 Pfarrvikarinnenstelle, die später auf ½ gekürzt wurde, 1995 - 2006 Dekanatsjugendpfarrerin im Dekanat Friedberg. Seit Oktober 2006 Pfarrerin in Hirzenhain, Steinberg und Glashütten.



31. Birgit Müller - April 2007 bis September 2013

Geboren 1959. Studierte zunächst in Frankfurt zunächst Englisch und Religion für das Lehramt, dann Theologie für das Pfarramt. Sie studierte außerdem in Tübingen und Marburg. Dem ersten theologischen Examen schloss sich das Vikariat in der Französisch-Reformierten Gemeinde in Frankfurt an. Nach dem zweiten Examen teilte sie sich ab 1992 eine Pfarrstelle in Frankfurt- Sossenheim. Parallel dazu arbeitete sie an einer Doktorarbeit über „Segenshandlungen im Gottesdienst“, die sie zwar nicht beendet hat, die aber in Bücher, Fortbildungen und Gottesdienste eingeflossen ist.
1999 übernahm sie die Pfarrstelle als Referentin für Kindergottesdienstarbeit in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Seit September 2013 ist sie Gemeindepfarrerin in Cleeberg und Espa.

 

32. Doreen Stelter - September 2013 bis August 2017

Geboren 1974 in Leipzig. Theologiestudium in Leipzig und Heidelberg. Ausbildung zur nebenamtlichen Kirchenmusikerin in Halberstadt. Während der Familienphase Tätigkeit als Freie Journalistin und Chorleiterin sowie Studium der Betriebswirtschaft an der FernUniversität Hagen. Vikariat in Klein-Karben. Spezialvikariat in der Deutschen Leasing AG. Ab September 2013 Pfarrerin in Florstadt mit Schwerpunkt Jugendarbeit und alternative Gottesdienstformen. Anschließend Pfarrerin in Friedberg.

 

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