Die Kirche in Nieder-Florstadt
In Nieder-Florstadt gab es kirchliche Anfänge um etwa 767 nach Christus.
Zu dieser Zeit wurde eine Kirche gegründet, deren hölzernes Gotteshaus auf der Höhe des Mönchhofes (Friedberger Landstraße) gestanden haben muss.
Zusammen mit dem karolingischen Königshof war die Kirche mit ihrem mächtigen Pfarrbezirk eine tragende Kraft in der Wetterau.
Die Nieder-Florstädter Mutterkirche war mit ihren Filialkirchen Staden (ab 1336 selbstständig), Stammheim (ab 1310 selbstständig), Heegheim (ab 1345 selbstständig), Dorn-Assenheim (ab 1367 selbstständig) und einer Kapelle in Ober-Florstadt (Laurentiuskapelle) Mittelpunkt des karolingischen Staatsgutes.
Die Hauptkirche, mit einem Altar des Heiligen St. Michael, gehörte König Ludwig dem Deutschen.
Dieser schenkte, nach Beurkundung seines Sohnes Ludwig dem Jüngeren, im Jahr 880 die weit ausgedehnte Pfarrei "et illam aecclesiam ad Plagestat" („und jene Kirche zu Florstadt“) der königlichen Salvatorkapelle in Frankfurt. Im 10. Jh. gelangten die Kirche und ein Fronhof vorübergehend in den Besitz des Klosters Rodenbach, bis sie wieder ins Eigentum der Florstädter Kirche überging.
Die Reformation wurde in der Ganerbschaft 1542/43 von dem Theologen Erasmus Alber (Alberus) aus Bruchenbrücken, Pfarrer in Staden, Freund und Mitstreiter Martin Luthers, eingeführt.
Mit der Planung des Kirchenneubaus war 1789 begonnen worden, die Kirche, die zuvor an diesem Platz stand, war baufällig geworden und außerdem zu klein.
Diese (ältere) Kirche war der Heiligen Margarethe geweiht und stand schon hier, als in der Wetterau die Reformation eingeführt wurde.
Die alte Kirche war über 250 Jahre in Gebrauch, aber mit der Zeit baufällig geworden und war auch zu klein für die gestiegene Zahl der Gemeindeglieder.
Eine neue Kirche sollte gebaut werden.
Man musste sich um die Mittel kümmern, um die Kirche bauen zu können - ein Teil der Kosten konnte aus dem Kirchenkapital bestritten werden, aber man musste sich auch um Spenden bemühen.
Der damalige Pfarrer Cappe bat die Nachbargemeinden um Eichenholz, das für den Bau verwendet werden sollte. Längst nicht alle kamen dieser Bitte nach.
In unserer Kirche wurden Stämme aus Stammheim, Bönstadt, Altenstadt, Arnsburg, Södel und Assenheim verwendet, und der Patron der Kirche, Baron von Löw, spendete 4 Stämme.
Nachdem dieses und vieles andere Baumaterial organisiert war, wurde am 26. Juli 1790 mit dem Abbruch der alten Kirche begonnen, am 19. August wurde, nachdem die Fundamente gegraben waren, durch Pfarrer Cappe der erste Stein für das Fundament gelegt. Es war ein Stein aus der alten Kirche, ein Kreuz von Sandstein, das auf der Spitze der Giebelwand gestanden hatte. Zwei Jahre lang wurde an der Kirche gebaut, und am 16. September 1792 wurde sie feierlich eingeweiht.
In der Kirchenchronik wird berichtet, dass zahlreiche Gäste und Würdenträger bei diesem Gottesdienst anwesend waren, dass die Familie von Löw, die das Patronat über die Kirche hatte, 6 neue Abendmahlskannen für den Wein gespendet hatten, ebenso neue Taufgefäße und ein rotes und ein weißes Altartuch.
In dem Gottesdienst wurden alle „Amtshandlungen“ verrichtet, das heißt es wurde ein Kind getauft, vier Kinder konfirmiert und ein Paar verheiratet.
Beschreibung des Inneren der Kirche:
Die im klassizistischen Stil erbaute Kirche hat Altar, Kanzel und Orgel übereinander geordnet.
An der nach Osten gelegenen Schmalseite tragen toskanische Säulen die Emporen und hohe Rechteckfenster lichten den Raum auf. Die Ecken des Saales sind abgerundet, seine Außenflächen belebt durch Pilaster (Wandpfeiler) mit Gebälk und Zahnschnittgesims. Der Westturm bindet sich über einen Dreiecksgiebel in die Fassade ein. Die Orgel wurde aus dem Vorgängerbau übernommen. Diese war von dem Nieder-Florstädter Orgelbauer Syer 1744 gebaut worden.
Die Glocken der alten Kirche wurden durch den Glockengießer Otto in Gießen in zwei neue umgegossen. Dieser lieferte dann später eine weitere, neue Glocke.
1855 musste die Kirche bereits innen und außen renoviert
werden (was wohl mit der Beheizung durch Öfen zu tun hatte).
1870 wurde eine neue Orgel angeschafft, die der Orgelbauer Bernhard aus Gambach angefertigt hat.
1872 100 Jahr-Feier. Innenrenovierung der Kirche. Das Weiß der Wände unter den Emporen wurde durch vier Bibelsprüche aufgelockert:
"Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten."
"Einen anderen Grund kann niemand legen, außer dem, der gelegt ist, Christus."
"Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren."
"Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben."
Die Decke des Kirchenschiffes wurde mit farblich abgesetzten Blatt-Ornamenten, vier runden Apostel- und zwei Christusbildnissen versehen. Reste der Blattornamente sehen wir heute noch an den Kapitellen der beiden hohen Säulen, die den Turm im Innern der Kirche stützen.
Pfarrer Wahl berichtet:
"Es erhielt die Kirche einen schönen Schmuck durch die an der Orgel angebrachten Ölbilder der Apostel Petrus und Paulus." (Preis 200 Mark)
An den Säulen rundum wurden dreiarmige Leuchter angebracht. Die Altar- und Kanzelbekleidung wurde erneuert, die Patrone Erwin und Gilbrecht Löw von und zu Steinfurth stifteten einen silbernen Abendmahlskelch.
In die freien Felder über den Eingangstüren wurden Sprüche in Goldschrift angebracht.
Der Knauf (die Kugel) auf dem Turm wurde vergoldet und eine neue Wetterfahne mit den Jahreszahlen 1792-1892 angebracht. Die Wiedereinweihung und das 100-jährige Jubiläum konnte am 14. Sonntag nach Trinitatis 1892 gefeiert werden.
Die Kosten für alle Arbeiten beliefen sich laut Rechnung 1892/93 auf 5297,61 Mark.
Pfarrer Wilhelm Wahl schrieb abschließend:
„So wurde das Gotteshaus zur Freude der Gemeinde
neu hergerichtet; möchte dadurch auch ein neuer Eifer
für das Haus des Herrn erwachsen und die Gemeinde
zu neuem Gehorsamen erweckt werden!“
Wetterauer Zeitung, 21.02.1975:
Kirche ursprüngliches Aussehen zurückgegeben
Gotteshaus präsentiert sich nach zweijährigen Renovierungsarbeiten
in neuem Glanz - Insgesamt 400.000 DM Kosten
„Nachdem das Gotteshaus im 19. Jahrhundert mehrmals in seiner Einrichtung und farblichen Gestaltung dem gerade vorherrschenden Zeitgeschmack angepasst worden war und sich dadurch nicht selten kleine "Stilunreinheiten" eingeschlichen hatten, wollte man nun der Kirche jenes unverfälschte Aussehen zurückgeben, das sie bei ihrer Einweihung am 16. September 1792 gehabt hatte.“
Im Zuge dieser Renovierung wurden die Sprüche, die Bilder, die Kronleuchter und die Ornamente wieder entfernt und die Kirche in schlichtem Grau gestrichen.
In den Jahren 2014 bis 2016 wurde die Kirche erneut renoviert.